1. Betrachtest Du seit deiner Tätigkeit in der Markenberatung Marken, die dir im Alltag begegnen, anders?
Ja, definitiv! Zum einen hat sich meine Sichtweise auf Marken geändert. Wenn ich heute eine Marke sehe, betrachte ich sie viel systematischer: Wie tritt die Marke auf? Was für ein Gefühl vermittelt die Marke und was bietet sie mir konkret an? Was bleibt bei mir als Betrachter oder potenzieller Kunde am stärksten in Erinnerung?
Zum anderen finde ich es sehr interessant, Marken zu begegnen, mit denen man auch beruflich zu tun hat. Man setzte sich intensiv mit ihnen auseinander und man weiß, was die Historie sowie die Stärken der Marke sind und natürlich was aktuelle Herausforderungen sind. So finde ich es spannend im Alltag zu beobachten, welche konkreten Maßnahmen diese Marken ergreifen, um auch zukünftig erfolgreich zu sein. Denn damit wird auch meine eigene Beratungsarbeit ein Stück weit sichtbar.
2. Welcher Themenschwerpunkt interessiert Dich im Rahmen deiner Tätigkeit als Markenberater am meisten?
Die Frage ist gar nicht so leicht, denn aufgrund meines Backgrounds, angefangen als ausgebildeter Mediengestalter mit anschließendem BWL- sowie Brand Management-Studium, konnte ich Marken von unterschiedlichsten Seiten aus kennenlernen. Ich habe das Thema sozusagen von der „Oberfläche“ mit Logos und Corporate Design bis hin zum betriebswirtschaftlichen Asset und Teil des Unternehmenswertes durchdrungen. Eine Konstante für mich war dabei stets der Blick auf den Menschen und dessen Interaktion mit Marken: einerseits Konsumenten und ihr Verhalten gegenüber Marken und genauso auch Mitarbeiter und Führungskräfte von Markenunternehmen, die sich mit „ihrer“ Marke identifizieren. Beide Perspektiven lassen sich gut mit dem sogenannte „Purpose“ vereinen, also einem gesellschaftlich relevanten Unternehmenszweck, der über eine reine Profitorientierung hinausgeht. Dies stellt auch meinen aktuellen Themenschwerpunkt dar.
3. Wie bist du zum Thema Purpose gekommen?
Da ich mich im Laufe der Zeit zunehmend mit den Grundlagen von Marken und Markenerfolg auseinandergesetzt habe, war es eine logische Konsequenz, dass ich bei dem übergreifenden Verständnis eines Unternehmens und dessen Zweck ankomme. Ergänzt wurde es durch eine intensive Auseinandersetzung im Rahmen meiner Abschlussthesis, wo ich die zeitliche Entwicklung des Purpose-Konzeptes sowie der Einflussfaktoren untersucht habe. In praktischer Hinsicht konnte ich wertvolle Erfahrungen in einer Purpose-Markenberatung in New York dazu gewinnen.
4. Wieso ist das Thema Purpose für Unternehmen so wichtig?
Weil ein erfolgreicher Purpose sowohl intern für Mitarbeiter als auch extern für Kunden relevant ist. Für Mitarbeiter bietet ein Purpose Orientierung und dient zur Motivation, weil er ganz klar den Existenzgrund eines Unternehmens beschreibt und aufzeigt, woran das Unternehmen in Bezug auf gesellschaftlich relevante Themen arbeitet. Bestenfalls verhilft ein Purpose zur Sinnstiftung im Arbeitskontext: ich als Mitarbeiter weiß, welchen Beitrag ich selbst, aber vor allem auch das gesamte Unternehmen leistet.
Für Kunden, andererseits, ergibt sich eine klare Vorstellung des Unternehmens oder der Marke. Als Kunde weiß ich, wofür das Unternehmen existiert und welchen Auftrag es verfolgt. Somit kann ich als Kunde diesen Auftrag auch selbst unterstützen und ein gutes Gewissen haben.
Ganz wichtig dabei ist, dass der Purpose nicht nur als schön formulierter Satz für die Werbeabteilung verstanden wird. Ein Purpose muss um weitere strategische Inhalte wie Entwicklungsfelder und Ziele ergänzt werden und Wirkung im gesamten Unternehmen entfalten. Wir bei BIESALSKI & COMPANY sprechen deshalb auch von einer Meaningful Identity (https://www.meaningful-identity.com/).
5. Was sind die wichtigsten Schritte, die ein Unternehmen gehen muss, um seinen Purpose/eine Meaningful Identity zu erarbeiten?
Zunächst sollte sich das Unternehmen als aktiven Teil der Gesellschaft verstehen. Das heißt, zum einen ist das Unternehmen von Strömungen und Trends der Gesellschaft umgeben, die einen Einfluss auf das Unternehmen haben. Zum anderen sollte das Unternehmen diese Strömungen und Trends nutzen, um eine gesellschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Somit muss ein Abgleich zwischen den externen Gegebenheiten und internen Faktoren, wie z.B. der Historie, der Stärken und Alleinstellungsmerkmale etc., stattfinden, um einen Purpose zu definieren. Diese Definition ist meist der Startpunkt für eine unternehmensweite Transformation, denn der Purpose muss fest im Unternehmen und der Kultur verankert werden und darf nicht nur als schöne Marketingkommunikation in Werbebotschaften übersetzt werden.