Autorin: Katharina Fröhlich
Quo vadis, Nachhaltigkeitskommunikation?
Fake it till you make it. Insbesondere im Konsumgüterbereich traf das mit Blick auf die Nachhaltigkeitskommunikation einiger Unternehmen bis vor Kurzem noch zu. Greenwashing über nicht zertifizierte Green Labels, ökobraune Verpackungen und Versprechen wie „klimaneutral verpackt“ werden schon seit längerem von Konsument:innen und Umweltexpert:innen kritisch beäugt. Spätestens seit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist nun Schluss mit halbgaren Versprechen, vagen Aussagen und scheingrünen Initiativen. Denn: wo Nachhaltigkeitsbericht draufsteht, muss seit dem 1.1.2024 auch Transformation drin sein.
Die neue EU-Richtlinie verpflichtet seit Anfang des Jahres immer mehr Unternehmen zu einer umfassenden Berichterstattung. Als Teil der europäischen Green-Deal-Initiative zielt die CSRD darauf ab, Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen zu fördern und Investoren bei der Unternehmensbewertung zu unterstützen. In Deutschland betrifft dies etwa 15.000 Unternehmen, die 2024 erstmals berichtspflichtig werden.
Die CSRD stellt eine große Herausforderung dar und setzt Unternehmen unter erheblichen Veränderungsdruck – nicht nur im Reporting, sondern auch in der Nachhaltigkeitskommunikation. Erschlagende Datenberge und komplexe Kennzahlen, (noch) mehr Sensibilität im Umgang mit Botschaften und höhere Skepsis bei den Stakeholdern. Was darf, was muss Nachhaltigkeitskommunikation heute leisten? Eines ist klar: Die Zeit der reinen Lippenbekenntnisse ist endgültig vorbei – Nachhaltigkeitskommunikation muss künftig zur Handlungs- statt Haltungskommunikation werden.
CSRD – Roadmap hin zu mehr Kommunikationswirkung oder rein in den Datendschungel?
Das CSRD-Reporting als Impulsgeber für die Nachhaltigkeitskommunikation
Fünf Key Learnings für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation
CSRD – Roadmap hin zu mehr Kommunikationswirkung oder rein in den Datendschungel?
In einigen Führungsetagen ist der Wandel hin zur stärkeren Verankerung von Nachhaltigkeitsbemühungen im öffentlichen Diskurs bereits angekommen. Laut dem KPMG 2022 Global CEO Outlook sehen fast 70% der befragten CEOs eine hohe Nachfrage nach mehr Transparenz und Berichterstattung zu ESG-Themen, 72 % erwarten, dass das Interesse der Stakeholder an ESG-Themen wie Klimawandel und Geschlechtergerechtigkeit weiter zunehmen wird. Gleichzeitig empfindet jedoch auch über ein Drittel der Befragten die Entwicklung eines überzeugenden ESG-Storytellings als große Herausforderung.
Die Studie macht klar: Mit dem Wandel zum KPI-getriebenen Reporting bleibt oft ein wesentlicher Aspekt auf der Strecke: Die Schaffung einer Nachhaltigkeitskommunikation, die trotz großer Datenlast attraktiv und verständlich bleibt und Reputationsmehrwerte für Unternehmen schafft.
Ein möglicher Weg könnte eine stärkere Trennung von datengetriebener Berichtslegung und öffentlichkeitswirksamer Nachhaltigkeitskommunikation sein. Diese Entwicklung würde nicht nur die CSR-Abteilung betreffen, sondern Veränderungen bei Verantwortlichkeiten, Strukturen und Prozessen im gesamten Unternehmen nach sich ziehen. So würden Reporting Specialists, Data Analysts und ESG-Manager künftig enger mit der Geschäftsstrategie verzahnt werden, während die CSR-Kommunikation stärker in die Unternehmenskommunikation integriert würde.
Die Konsequenz daraus? Leider geht die Gleichung organisationale Trennung = gutes Reporting + gute Kommunikation nur bedingt auf. Vielmehr könnte das Gegenteil des Erwünschten der Fall sein: Nachhaltigkeitsberichte, die sich in einer Flut komplexer und wenig zugänglicher Daten verlieren einerseits, und eine zunehmende Tendenz zum sogenannten Greenhushing andererseits.
Beim Greenhushing verzichten Unternehmen bewusst auf eine aktive Nachhaltigkeitskommunikation – und das, obwohl sie entsprechende Maßnahmen umsetzen. Die Gründe dafür sind vielfältig: die Furcht vor Kritik an als unzureichend empfundenen Maßnahmen, vor Greenwashing-Vorwürfen und vor daraus resultierenden Reputationsschäden. Viele Unternehmen verfallen beim Greenhushing also in eine Art Schockstarre. Statt Transparenz und aktive Kommunikation zu fördern, setzen sie auf eine Vermeidungsstrategie – wichtige Daten und Fakten zur eigenen Nachhaltigkeit bleiben bewusst im Hintergrund.
Das CSRD-Reporting als Impulsgeber für die Nachhaltigkeitskommunikation
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müsste das zukünftige CSRD-Reporting eine aktive Vermittlerrolle übernehmen und als Lieferant relevanter und öffentlichkeitswirksamer Informationen für die Nachhaltigkeitskommunikation fungieren. Diese Informationen könnten dann zielgruppenorientiert und attraktiv redaktionell aufbereitet werden, um die notwendige Wirkung auf Stakeholder und die Öffentlichkeit zu erzielen. Die Nachhaltigkeitskommunikation würde in dieser Rolle als Schnittstelle zur Öffentlichkeit fungieren, die differenziert entscheidet, welche Informationen wann und wie kommuniziert werden. Damit agiert sie n im Spannungsfeld zwischen Relevanz und Glaubwürdigkeitsanspruch. Zwischen Neuigkeitsgehalt für Stakeholder und internem Wahrheitsanspruch.
Sind wir ehrlich: Keine leichte Aufgabe. Gute Nachhaltigkeitskommunikation muss aber beides können: Sie vermittelt komplexe Sachverhalte klar und prägnant, bleibt dabei aber tiefgründig. Sie beruht auf fundierten Informationen und inspiriert trotzdem zur Umsetzung.
Wie gelingt der Spagat? Und was müssen Unternehmen dabei beachten? Wir haben Ihnen die wichtigsten fünf Key Learnings für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation zusammengestellt:
1. Compliance ist King
So selbstverständlich wie unerlässlich: Ein CSRD-konformer Nachhaltigkeitsbericht ist die Basis für eine fundierte und damit auch überzeugende Nachhaltigkeitskommunikation. Nur in der Nachhaltigkeitsstrategie und im Report niedergeschriebene, und durch prägnante Fakten belegbare Aspekte und Versprechen können Teil der externen Kommunikation sein. Und was versprochen wird, muss auch einhaltbar sein. Denn sonst macht sich Ihr Unternehmen angreifbar für Greenwashing-Vorwürfe und riskiert Reputationsschäden. Es bedarf also einer klaren Anleitung und Auskunft des Reportings als Informationsbereitsteller für Kommunikationsverantwortliche: Was ist unsere Strategie? Wo stehen wir aktuell in der Umsetzung? Was darf kommuniziert werden?
2. Zielgruppenorientierung schafft Relevanz
Nachhaltigkeitskommunikation adressiert eine Vielzahl interner und externer Anspruchsgruppen mit unterschiedlichsten Anforderungen. Kunden, die verlässliche Informationen über die Nachhaltigkeitsbilanz gekaufter Produkte erhalten wollen. Investoren, die sich für Einblicke in die konkrete ESG-Performance und die Platzierung Ihres Unternehmens in den top ESG-Ratings interessieren. Geschäftspartner, die wissen müssen, welchen Regularien im Hinblick auf das LkSG (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz) zu erfüllen sind. (Potenzielle) Mitarbeitende, die nach Sinnstiftung in der eigenen Arbeit streben und daher auf der Suche nach einem Arbeitgeber mit nachhaltigem Purpose sind.
Dies sind nur einige wenige Beispiele der verschiedenen Stakeholder, die die CSR-Kommunikation berücksichtigen muss. Deren Belange prägen wesentlich, wie positiv die vermittelten Botschaften und – viel wichtiger noch – die dahinterstehende Strategie und Maßnahmen wahrgenommen werden. Die Orientierung an den Bedürfnissen und Pain Points der Zielgruppen ist somit entscheidend, um langfristig Akzeptanz und Relevanz zu schaffen. Dafür lohnt es sich übrigens, konkrete Erwartungen, präferierte Kanäle und Botschaften im direkten Dialog abzuprüfen. Nachhaltigkeitskommunikation ist auch immer aktives Zuhören und Stakeholder-Austausch.
3. Nachhaltigkeitskommunikation ist Markenarbeit
Nachhaltigkeitsstrategie und -kommunikation sollte stets im Einklang mit der Markenidentität und -kommunikation des Unternehmens stehen. Nur wenn sich die eigenen Nachhaltigkeitsbestrebungen sinnvoll aus dem eigenen Selbstverständnis, also dem Leitbild Ihres Unternehmens sowie aus Ihrer Positionierung am Markt bei zahlenden Kunden ableitet, können diese auch authentisch Wirkung entfalten. Insbesondere mit Hinblick auf die Markenpositionierung ist daher eine Auseinandersetzung mit folgenden Fragen an Ihre nachhaltige Marke sinnvoll:
4. Der Weg ist das Ziel und kleinere Fortschritte führen zu mehr Authentizität
Ein häufiger Grund für das oben erwähntes Greenhushing sind zu reportende Zahlen, die (noch) nicht mit den Idealvorstellungen des Unternehmens übereinstimmen und deswegen lieber gänzlich verschwiegen werden. Dabei zahlt sich eine transparente Darstellung des aktuellen Status Quo aus. Denn: Nachhaltigkeit ist keine Checkliste, sondern ein kontinuierlicher, langfristiger Prozess. Die Kommunikation kleinerer Fortschritte, aber auch zu bewältigender Hindernisse und Herausforderungen Ihres Unternehmens auf dem Weg zur Realisierung der gesetzten Nachhaltigkeitsziele schafft Authentizität. Es zeigt, dass Sie ernsthaft daran interessiert sind, Ihren Beitrag zu leisten und sich nicht mit der kurzfristigen „Sofortlösung“ zufriedengeben und stärkt damit auch Ihre Reputation bei Stakeholdern.
5. Zugänglichkeit und Interaktivität im Format unterstützt das Verständnis der Inhalte
Die Umsetzung einer wirksamen Nachhaltigkeitskommunikation verlangt eine kluge Aufbereitung und Strukturierung der oft komplexen und umfangreichen Daten. Dabei spielt die Art und Weise, wie Sie Informationen präsentieren, eine große Rolle. Mögliche Ansätze für eine Empfängerfreundliche Umsetzung Ihrer CSR-Kommunikation können kompakte Factsheets oder Management Summaries sein, die die wichtigsten Ergebnisse aus dem Nachhaltigkeitsbericht klar und strukturiert zusammenfassen. Mit interaktiven Kennzahlentools und visuell ansprechenden Formaten lassen sich komplexe Inhalte transparent und benutzerfreundlich aufbereiten.
Der Einsatz von Case Studies oder emotional aufbereiteten Brand Stories kann außerdem dazu beitragen, eine stärkere Bindung zur Zielgruppe aufzubauen und die Nachhaltigkeitsanstrengungen greifbarer zu machen. Zudem schafft der Einsatz digitaler Kanäle eine bessere Zugänglichkeit der Erkenntnisse für ein breites Publikum. Auch hier gilt: Je zielgruppenspezifischer das Format, desto klarer und ansprechender die Botschaft.
Diese fünf Learnings erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, bieten jedoch eine solide Grundlage, um die Nachhaltigkeitskommunikation strategisch und wirkungsvoll zu gestalten.
Der Weg ist lang, aber er lohnt sich
Nachhaltigkeitskommunikation strategisch richtig anzugehen, ist anspruchsvoll, aber der Aufwand zahlt sich aus. Wer transparent und authentisch kommuniziert, schafft Vertrauen, stärkt die Reputation und positioniert sein Unternehmen als verantwortungsvollen Akteur am Markt. Gerade in Zeiten verstärkter Regulierungen und wachsender Stakeholder-Erwartungen liegt hier eine große Chance, sich durch glaubwürdige und zielgerichtete Kommunikation abzuheben und die Marke nachhaltig zu stärken.
Dass Nachhaltigkeit und gute Nachhaltigkeitskommunikation auch wirtschaftlichen Erfolg für Unternehmen stiften kann, zeigt unsere CSS Studie. Werfen Sie einen Blick in unsere Key Findings oder laden Sie sich den Studienband hier direkt herunter.