Autoren: Alexander Biesalski und Jan Kubik
In der Vergangenheit war die Marke Bosch vor allem für Automobiltechnik und Schlagbohrmaschinen bekannt, die die schwäbischen Tüftler mit höchstem Qualitätsanspruch entwickelt und produziert haben. Aber das, was seit geraumer Zeit unter dem Begriff „Digitale Transformation” sämtliche Branchen aufmischt, macht auch vor dem Stuttgarter Traditionsunternehmen nicht Halt. Und so entwickelt sich Bosch hin zu einem Anbieter von Lösungen für das vernetzte Leben. Dass dabei völlig neuartige Produkte, Services und Geschäftsmodelle außerhalb des bisherigen Leistungsportfolios und der angestammten Preispunkte von Bosch entstehen, liegt auf der Hand. In Verbindung mit dem per se sehr breit gefächerten Angebot, das unter der global eingesetzten Dachmarke Bosch vermarket wird, kann die Tragweite einer Markendehnung aufgrund der übergreifenden Wahrnehmung nie hoch genug bewertet werden.
Systematischer Entscheidungsprozess statt „Bauchgefühl“
Anstatt weitgehend das „Bauchgefühl“ walten zu lassen, werden Markendehnungsentscheidungen bei Bosch mit einem systematischen Entscheidungsprozess veranschaulicht, objektiviert und abgesichert. Dadurch wird Sensibilität für die Tragweite der Entscheidung aus Markensicht bei allen Beteiligten geschaffen und ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung und zum Ausbau der Markenstärke in der Zukunft geleistet. Die oberste Priorität bei der Markendehnung lautet: Die Marke Bosch darf nicht beschädigt werden. Damit gehen substanzielle Fragen einher, die anhand eines standardisierten Bewertungsprozesses zu beantworten sind:
• Wo liegen die Grenzen der Markendehnung in Bezug auf die wahrgenommene Kompetenz von Bosch?
• Welche Merkmale muss das Angebot aufweisen, um die Erwartungshaltung der Zielgruppe zu erfüllen?
• Ist die Differenzierung zu höherpreisigen Bosch-Angeboten ausreichend hoch? Welches Preispremium muss mindestens erzielt werden?
Unternehmensweiter Standard in einer komplexen Organisation
Wie kann nun ein unternehmensweiter Standard für Markendehnungsentscheidungen in einer komplexen Organisation mit mehr als 350.000 Beschäftigten, 360 Tochtergesellschaften, Vertretungen in über 50 Ländern und unterschiedlichsten Ansprüchen im täglichen Geschäft umgesetzt werden? Die Lösung liefert eine Assessment-Checkliste, die im Rahmen von vier zentralen Prüfkriterien in Bezug auf Markenstärke, Marken-Fit sowie Marken- und Business-Risiken eine objektivierte Markenentscheidung vorbereitet. Die Tool-Struktur sowie die darin beantworteten Fragestellungen sind im Folgenden illustriert.
Entscheidungsbaum-Modell liefert Empfehlung zur Markierung
Hinter der Assessment-Checkliste steckt ein pfadanalytisches Entscheidungsmodell, das die Prüfergebnisse im Zusammenhang darstellt und auf einen Blick transparent macht. Das Resultat ist eine klare Empfehlung zur Markierung des angedachten Angebots. Diese reicht von der Marke Bosch ohne Zusatz, über die Ergänzung mit einer Angebotsbezeichnung (Sub-Line) oder einer gleichberechtigten Partner-Marke, bis hin zur Markierung unter einem anderen Namen. Entscheidend ist, ob der betrachtete Dehnungsfall zur Marke Bosch passt und für das Unternehmen attraktiv ist. Die dem Modell zu Grunde liegende ja/nein-Logik ist untenstehend als Entscheidungsbaum abgebildet. Jedes der vier Prüfkriterien ist mit konkreten Fragestellungen hinterlegt. In Abhängigkeit der strategischen Relevanz sowie der Bedeutung der Marke im jeweiligen Dehnungsfall existieren klare Vorgaben, in welcher Informationstiefe und -qualität die Fragen beantwortet werden sollten (z.B. Marktforschung in der Zielgruppe vs. Bosch-interne Experten-Interviews).
Fazit: Hohe Akzeptanz bei den Verantwortlichen als Leitlinie zur Objektivierung komplexer Dehnungsentscheidungen
Die elementare Erkenntnis aus den bisherigen Anwendungsfällen lautet: die Verantwortlichen orientieren sich in ihren Handlungen an den Empfehlungen aus dem Bewertungsprozess. Das ist wie viele Mitarbeiter in Organisationen mit dezentralen Einheiten wissen, keine Selbstverständlichkeit – insbesondere dann, wenn eine Anwendung keine Vorgabe ist, sondern vielmehr Empfehlungscharakter hat. Hauptgrund ist aus Sicht der Bosch Geschäftsbereiche der hohe Nutzen der „Assessment-Checkliste“ durch die Ableitung der besten Lösung bei komplexen Dehnungsentscheidungen für das Unternehmen auf Basis objektiver Fakten.
Das komplette Praxisbeispiel zur Markendehnung bei Bosch finden Sie hier. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und freuen uns auf Ihre Kommentare.